Landesfachausschuss Sport und Ehrenamt zu Gast in Reutlingen

20.08.2020

Schon vor der Corona-Pandemie hatten sie schon kein leichtes Spiel: die (Sport-)Vereine in Baden-Württemberg und im Kreis Reutlingen, die auf die Unterstützung Ehrenamtlicher angewiesen sind. Das wurde durch Corona nicht einfacher. „Die Gewinnung von Ehrenamtlichen ist unser größtes Problem. Da würden wir uns bessere Bedingungen wünschen, die das Ehrenamt attraktiver machen“, so Jörg Steinegger von der Abteilung Fußball des TSV Betzingen. Die Gelegenheit für seinen Wunsch war günstig. Der Landesfachausschuss (LFA) für Sport und Ehrenamt der CDU Baden-Württemberg unter Leitung von Mischa Waldherr war nach Betzingen gekommen und brachte nicht nur den Vizepräsidenten des Württembergischen Landessportbunds (WLSB) Manfred Pawlita und den Reutlinger Sportkreisvorsitzenden und CDU-Kreisvorsitzenden Manuel Hailfinger mit, sondern auch den CDU-Bundestagsabgeordneten Michael Donth. 

Die Probleme im Ehrenamt sind offensichtlich. Vereine beklagen sinkende Mitgliederzahlen und damit steht weniger Geld zur Verfügung. Hinzu kommt, dass immer weniger Menschen bereit sind, sich ehrenamtlich zu engagieren. Aber gerade diese Ehrenamtlichen sind mitunter die wichtigste Säule der Vereine. Das Projekt des neuen Kunstrasenplatzes für den TSV Betzingen e.V. wäre ohne das Ehrenamt beispielsweise nicht realisierbar gewesen. Über 100 Finanzierungspläne hat Jörg Steinegger als Projektleiter für den neuen Kunstrasenplatz aufgestellt – und das alles in seiner Freizeit.

Dieses Projekt ist für den TSV Betzingen e.V. ein wichtiges Argument zur Gewinnung neuer Mitglieder und kostet natürlich viel Geld. Mit Zuschüssen, Spenden, Förderungen und durch die mit Herzblut aufgebrachten Planungsstunden von allen ehrenamtlichen Beteiligten konnte das Projekt verwirklicht werden: Die Eröffnung ist für den 20. September 2020 geplant.

LFA-Vorsitzender Waldherr wollte mit der Vorstellung des Projektes und dem anschließenden konspirativen Austausch herausfinden, wo den Vereinen der Schuh drückt. Nicht nur Steinegger konnte Input liefern. Auch WLSB-Vize Pawlita kennt natürlich die Probleme „seiner“ Vereine. Am Ende sei man immer wieder beim Geld, das fehle. Und es gebe heute einfach nicht mehr so viele motivierte Helfer, die auch mal ein paar Stunden des Feierabends oder des wohlverdienten Wochenendes fürs Ehrenamt aufbringen. Früher sei das noch anders gewesen. Umso wichtiger ist es, da waren sich alle einig, dass das Ehrenamt wieder mehr gefördert und attraktiver gemacht wird; und das unabhängig von Corona. Die Pandemie macht allerdings eines deutlich: die meisten Vereine haben ein dünnes finanzielles Polster. Fehlende Mitgliedsbeiträge durch Austritte und durch wenige bis keine Eintritte und der Wegfall von Einnahmen aus Veranstaltungen führen dazu, dass Reserven durch laufende Kosten aufgebraucht wurden – sofern überhaupt welche vorhanden waren.

Pawlita sprach über das Corona-Hilfsprogramm: Insgesamt 11,635 Millionen Euro wurden durch das Land Baden-Württemberg als „Soforthilfe Sport“ zur Verfügung gestellt. Ein großer Teil sei bereits abgerufen und Pawlita sei sich sicher, dass bis zum Auslauf der Hilfen am 30. November 2020 diese durch die Vereine auch voll abgerufen werden. „Auch im Landkreis Reutlingen haben viele Vereine von diesem Angebot Gebrauch gemacht. So hoffen wir, dass diesen über die Durststrecke hinweggeholfen werden kann und wir wieder in vollem Umfang vom Angebot im Kreis profitieren können, wenn die Pandemie durchgestanden ist“, so Sportkreisvorsitzender Manuel Hailfinger.

Aber auch danach bleibe die Finanzierung ein Thema für die Vereine: „Im Anschluss wird es elementar sein, dass die Vereine auch finanziell gut aufgestellt sind“, so Hailfinger. Corona werde aber noch starke Nachwehen für die Sportvereine haben. Pawlita wies zurecht darauf hin, dass in Zeiten von Corona niemand in die Vereine eintreten wolle. Es fehle damit ein ganzer Jahrgang an Neumitgliedern, die die regelmäßigen Austritte bisher einigermaßen auffangen konnten. Aber die finanzielle Ausstattung der Vereine hängt nicht nur an den Mitgliederzahlen oder an zu wenig Ehrenamtlichen. Ein stark defizitärer Bereich sei auch der Wettkampfsport, welcher besser gefördert werden müsste, so der WLSB-Vize. 

Zu den Problemen der Vereine hatte Michael Donth MdB gleich Lösungsangebote im Petto. Unter dem Titel „Ehrenamtsgesetz 2021 – Ehrenamtlich tätige Personen stärker fördern, Vereinen das Leben leichter machen und Bürokratie abbauen“ brachte er das im Juni 2020 erarbeitete Positionspapier der CDU/CSU-Bundestagsfraktion mit. In Vorbereitung auf das für 2021 geplante Ehrenamtsgesetz, welches mit dem Koalitionspartner verhandelt werden muss, hatte die Unionsfraktion dieses erarbeitet. Der Titel verrät die Kernpunkte des Papiers, das sich nicht nur auf Sportvereine bezieht, sondern alle Bereiche einschließt, in denen das Ehrenamt eine Rolle spielt; beispielsweise bei freiwilligen Feuerwehren, dem DRK oder Ähnlichem. So strebt die Union unter anderem die Anhebung des Übungsleiterfreibetrags von 2.400 Euro auf 3.000 Euro pro Jahr und der Ehrenamtspauschale von 720 Euro auf 840 Euro pro Jahr an und möchte die Voraussetzungen für die damit oft verbundenen Aufwandsspenden klarer und einfacher gestalten.

Neben der Forderung nach Rechtssicherheit für geschlechtsspezifische Mitgliederstrukturen, finden in dem Papier auch die geforderte Umsatzsteuerbefreiung von Sachspenden an Vereine und Klarstellungen zur Mindestlohnregelungen bei Übungsleitern Beachtung. Neben weiteren Erleichterungen soll zum Beispiel auch der Anwendungsbereich für das vereinfachte Spendenbescheinigungsverfahren ausgeweitet werden. 

Die Ausführungen der Unionsfraktion stießen überwiegend auf Zustimmung und wurden durch Anregungen der Fachleute ergänzt. Leider blieb aber auch Ihnen sowie den weiteren interessierten Gästen die Frage offen, wie neue engagierte Ehrenamtliche für die Vereine gewonnen werden könnten. Die veränderten gesellschaftlichen Strukturen tragen maßgeblich dazu bei, dass das Ehrenamt weniger Platz im Alltag finden kann. Vielleicht hat hier die Corona-Pandemie aber auch gute Seiten: durch digitales Arbeiten, Homeoffice und Co. können viele ihren Alltag vielleicht in Zukunft so gestalten, dass dem Ehrenamt Zeit einfacher eingeräumt werden kann. „Das Ehrenamt bedeutet für den Einzelnen natürlich (Zeit-)Aufwand und Arbeit. Doch die positiven Aspekte des Einsatzes für die Gemeinschaft und das kollegiale Miteinander im Verein stellen eine Bereicherung dar, die Aufwand und Arbeit meistens aufwiegen“, so die Pressesprecherin des CDU-Kreisverbandes Valérie Neumann. Sportkreisvorsitzender und CDU-Kreisvorsitzender Hailfinger betonte abschließend: „Wenn es nun durch die Politik möglich gemacht wird, dass man im Ehrenamt auch nicht noch übermäßig mit Bürokratie zu kämpfen hat und steuerliche Anreize geschaffen werden können, dann wird sich das auf die ehrenamtlichen Strukturen in den Vereinen positiv auswirken.“